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Marispace-X startet durch Die Digitalisierung der maritimen Welt

Marispace-X startet durch Die Digitalisierung der maritimen Welt

Die Digitalisierung greift um sich und erreicht die Weltmeere. Das größte von der Industrie getriebene Projekt in diesem Kontext ist Marispace-X. Wie der Versuch, eine maritime IoT-Plattform aufzubauen, unseren Ozean retten und zum Klimaschutz beitragen kann.

Er erstreckt sich über 361 Millionen Quadratkilometer, beinhaltet 97 Prozent allen Wassers und ist die Heimat von 230.000 bekannten Arten: der Ozean. Mehr als 70 Prozent der Erde sind mit Wasser bedeckt. Dass die Ozeangesundheit mit der menschlichen Gesundheit zusammenhängt, haben erst vor Kurzem Forscher der interdisziplinären europäischen Kollaboration „Seas, Oceans & Public Health in Europe“ betont. Darüber hinaus verzögert der Ozean laut dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Geomar die Auswirkungen des Klimawandels, indem er bisher mehr als 90 Prozent der zusätzlichen Wärmeenergie aufgenommen hat. Auch ist der Ozean ein natürlicher Kohlenstoffspeicher. Seit Beginn der Industrialisierung hat er rund 30 Prozent des durch Menschen erzeugten Kohlenstoffdioxids aufgenommen.

"Der Ozean ist der Schlüssel zu einem gerechten und nachhaltigen Planeten."

www.oceandecade.org

Allerdings leidet die maritime Welt auch stark unter Überfischung, Versauerung, Verschmutzung und natürlich dem Klimawandel. In den vergangenen 50 Jahren hat der Ozean mehr als zwei Prozent seines Sauerstoffs verloren, mit teilweise dramatischen Auswirkungen auf die Tierwelt. In einigen Bereichen des Ozeans hat der Sauerstoffgehalt sogar um bis zu 40 Prozent abgenommen. Diese großen sauerstoffarmen Zonen, in denen es kein Leben mehr gibt, nennt man Todeszonen.

Die „Ocean Decade“

Gesunde Weltmeere sind somit für das Leben auf der Erde unerlässlich. Vergangenes Jahr haben die Vereinten Nationen eine Dekade der Meereswissenschaften ausgerufen, die „United Nations Decade of Ocean Science for Sustainable Development“. Die sogenannte „Ocean Decade“ setzt sich dafür ein, „die Bemühungen zu unterstützen, den Kreislauf des Rückgangs der Meeresgesundheit umzukehren und Meeresakteure weltweit hinter einem gemeinsamen Rahmen zu versammeln, um verbesserte Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung des Ozeans sicherzustellen“, heißt es auf der Website der UNESCO.

Ein Meer aus Daten

Um den Klimawandel zu stoppen ist auch hierzulande am 24. Februar im Rahmen der europäischen Initiative Gaia-X ein Projekt gestartet: Maritime Smart Sensor Data Space X, kurz Marispace-X. Das Projekt verfolgt das Ziel, zur Digitalisierung der sogenannten Blue Economy beizutragen. Dabei handelt es sich um ein Konzept, das aus der Forschungsgruppe um „Nature's 100 Best“ entstanden ist, sich dem Schutz der Ökosysteme der Erde verschrieben hat und gleichzeitig Arbeitsplätze sowie Geschäftsmodelle schaffen soll. Dazu soll gemeinschaftlich ein maritimes Cloud-natives Datenformat entwickelt werden. Denn wie auch alle anderen Bereiche aus Wirtschaft und Wissenschaft ist die Blue Economy auf Daten angewiesen. Denn nur auf Basis von Daten können Use Cases entwickelt werden, die zur Gesundheit des Ozeans beitragen.

In dem Vorhaben geht es somit darum, eine maritime IoT-Plattform aufzubauen, über die sich Daten aus Meeren sammeln, auf Basis europäischer Standards und Werte sicher verwalten, teilen und auswerten lassen, um hieraus neue Erkenntnisse zu gewinnen und Lösungen und Dienstleistungen zu entwickeln. Marispace-X sei das größte Industrie getriebene Digitalisierungsprojekt dieser Art, heißt es auf der Website der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Dabei soll es in Zukunft erheblich zur Entwicklung der maritimen Datenökonomie und Wertschöpfung beitragen, sowohl auf lokaler, regionaler als auch internationaler Ebene. Zukünftig können damit in einer Cloud-Umgebung Meeresdaten weltweit sicher und effizient gespeichert, geteilt und analysiert werden.

„Wir wollen maritime Geodaten nutzbar machen sie mit anderen Quellen verknüpfen und teils unter Wasser verarbeiten“,

sagt Jann Wendt, Initiator von Marispace-X und Geschäftsführer von North.io.

„Marispace-X bildet die Grundlage für maritime digitale Geschäftsmodelle, ermöglicht neue Formen digitaler Wertschöpfung und schafft Hightech-Jobs im maritimen Sektor in Deutschland. Das Projekt ist ein Treiber der Transformation im maritimen Sektor und leistet einen wichtigen Beitrag für dessen Zukunftsfähigkeit“,

führt Claudia Müller, Maritime Koordinatorin der Bundesregierung, aus.

Use Cases machen das Projekt greifbar

Da Marispace-X klar Business-orientiert ist, werden auch diverse Anwendungsfälle entwickelt, die zur Schaffung eines digitalen Ökosystems der Meere beitragen sollen. Diese Use Cases sind wichtig, da sie das Digitalisierungsprojekt für viele erst greifbar machen. Davon ist auch Rainer Sträter, Head of Digital Ecosystems bei Ionos, überzeugt: „Die Sexyness von Marispace-X liegt in den Use Cases, die das Thema für jeden greifbar machen. Wir haben uns an Marispace-X beteiligt, weil wir davon überzeugt sind, dass das Projekt Impact generiert und über die Ziellinie kommt.“

Der Cloud-Anbieter Ionos hat eine zentrale Rolle innerhalb des Projekts inne. Als Hosting und Cloud Provider mit Hauptsitz in Montabaur ist er aktuell alleine für die Cloud-Infrastruktur verantwortlich, auf der die Use Cases und die maritime IoT-Plattform entwickelt werden.

Aktuell gibt es vier konkrete Use Cases, die im Rahmen von Marispace-X durchgeführt werden:

  • Internet of Underwater Things (IoUT): Das IoUT ist definiert als ein weltweites Netzwerk von intelligent miteinander verbundenen Unterwasserobjekten wie beispielsweise Sensoren, das es ermöglicht, riesige unerforschte Wassergebiete zu überwachen. Denn vor allem im Wasser ist der Datenaustausch schwierig. Auch Edge Computing spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle.
  • Offshore Wind: Offshore Wind ist einer der zentralen Schlüssel für die Vermeidung von Kohlendioxid. Offshore-Windparks benötigen allerdings Unmengen an Daten, beispielsweise für intelligentes Anlagenmanagement. In einem ersten Schritt sollen Datenräume geschaffen werden, die ganze Windparks abbilden. Diese Daten können dann zentral analysiert und ausgewertet werden.
  • Munition im Meer: Bis zu 1,6 Millionen Tonnen an konventioneller Munition sollen noch immer in der Nord- und Ostsee liegen. Das gefährliche Erbe des 2. Weltkriegs wurde nach Kriegsende ins Meer gekippt oder lauert in versenkten Schiffen. Kenntnisse darüber, wo die toxischen Altlasten aus den Weltkriegen liegen, sind beispielsweise entscheidend für den Ausbau der Windenergie und andere Infrastrukturmaßnahmen in der Ostsee. Im Rahmen von Marispace-X sollen diese gefährlichen Altlasten durch neue intelligente Wege der Datenanalyse und des Datenmanagements geborgen werden. Darüber hinaus arbeitet das Konsortium bei diesem sicherheitskritischen Thema, an der Implementierung von föderierten Identitäts- und Vertrauensdiensten.
  • Biologischer Klimaschutz: Meerespflanzen haben eine hohe Kohlenstoffdioxid-Speicherkapazität. Das Konsortium arbeitet an dem Aufbau einer vertrauenswürdigen Dateninfrastruktur, die beispielsweise Auskunft über die Verteilung von Seegraswiesen gibt, um so den Ozean bei der Speicherung von CO2 zu unterstützen. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) sollen potenzielle Besiedelungsgebiete für Meerespflanzen definiert werden.

Neben North.io, Ionos und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sind an Marispace-X noch weitere Partner beteiligt. Darunter beispielsweise das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD), das Geomar – Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, das Big-Data-Startup Stackable, das Cloud-Native-Unternehmen TrueOcean, die Universität Rostock und der Sensorintegrator MacArtney. Weitere Partnerunternehmen sind Willkommen.

 

 

Von: Sarah Böttcher, IT-BUSINESS

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